photograph
by Anders Petersen.
Ich beginne zu sprechen vom Tod
1
Ich beginne zu sprechen vom Tod
Viele Irrglauben sind verbreitet
Aber wenn man den Wunsch von der Furcht abscheidet
Kommt uns die erste Ahnung von dem, was uns drohtDie Welt gewinnt, wer das vergißt:
Daß der Tod ein halber Atemzug ist2
Denn das ist kein Atemzug
Den zu tun noch uns dann verbleibt
Und das ist nicht das Genug
Sondern es ist das Zuwenig, was uns den Angstschweiß austreibtWeise ist, wer darin irrt
Und meint, daß er sterbend fertig wird3
Die Dinge sind, wie sie sind
Ein Gaumen ist immer ein Gaumen, ein Daumen ein Daumen
Aber deinem japsenden Gaumen
Langt nicht ein WirbelwindDein Hals ist angesägt und leck
Dein Atem pfeift aus dem Spalt hinweg4
Dieses wächserne Grubenlicht
Diese steifen Finger auf deinen Leinen
Die Esser um dich mit dem kalten Weinen
Glaub nicht, du merkst sie nichtWas da um dich steht und da so weint
Das war der Mensch, das war dein Feind5
Du kannst ihn nicht fressen mehr
Deine Zähne sind lang wie Rechen
Aber die werden die Nacht noch brechen
Also bleibt dir von nun an der Magen leer
Bertold Brecht
1922